Entwicklung und Sicherheit sind in politischen Diskussionen untrennbar miteinander verknüpft. Dabei wird das Problem von Armut als Gefahr für westliche Gesellschaften umgedeutet, eine Konvergenz von Entwicklungs- und Sicherheitspolitik ist die Folge. Die Konsequenzen dieser Vermischung treten in Afghanistan besonders deutlich hervor, und einer ausgeprägten Fluchtmigration aus dem sich seit über 40 Jahren in einem dauerhaften Kriegszustand befindlichen Land treten sehr regressive und migrationsfeindliche Einwanderungspolitiken in der Festung Europa gegenüber. Der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière brachte den Zusammenhang auf einen perfiden Punkt: ‚Es sind viele, viele Summen von Entwicklungshilfe nach Afghanistan geflossen. Da kann man erwarten, dass die Menschen in ihrem Land bleiben‘ (28. Okt. 2015).
Deutschland beherbergt heute die meisten afghanischen Migranten in Europa, doch der Diskurs um Bleiberechte und Abschiebung in ein Kriegsgebiet wird weitergeführt. Im Projektseminar wollen wir diese Themenzusammenhänge gemeinsam vertiefen und in kleinen Teams ausgewählte und selbst entwickelte Fragestellungen aufwerfen, um damit auch zu neuen Erkenntnissen über die Situation und alltäglichen Lebensrealitäten afghanischer Geflüchteter und der afghanischen Diaspora in Deutschland zu gelangen. Es geht darum, ein Forschungsprojekt eigenständig zu entwickeln (Seminar) und in den Semesterferien empirisch unter Verwendung verschiedener Methoden umzusetzen (LFP). Folgende Themenfelder können dabei bearbeitet, zusammengeführt und auch ergänzt werden.
1. Transnationale Netzwerke und ihre Infrastruktur
2. Ressourcentransfers und informelle Finanzsysteme
3. Fluchtbiographien und Leben in Deutschland
4. Integration und Marginalisierung von afghanischen Geflüchteten
5. Traumatische Fluchterfahrungen und therapeutische Behandlung
6. Asylpolitik und Abschiebepraxis, Corona und Geflüchtete,
7. Afghanische Diaspora und Beziehungsfelder zur Heimatregion
8. Aufforderungspolitik zur freiwilligen Rückkehr
9. Afghanische Organisationen und ihre Arbeit in Deutschland